IT Projekte – ein Relikt aus vergangenen Zeiten?

Das Konzept von Evan Leybourn- The end of IT Projects tönt ziemlich provokativ. Haben wir doch über Jahrzehnte Projekte durchgeführt und laufend Wege gesucht, darin erfolgreicher zu werden.
Einen interessanten Gedanken finde ich es allemal.
Hier die Zusammenfassung von Evan:

Wenn du ein Projekt starten musst, hast du schon verloren!

Wenn wir uns das sogenannte magische Dreieck des Projektmanagements anschauen, ist es doch der Scope, der Umfang an Features, den wir wirklich brauchen und wollen. Zeit und Kosten ergeben sich daraus und sind schon Früchte des Projektmanagements. Weil wir so grosse Projekte planen, brauchen wir auch eine solch komplizierte Verwaltung der Kosten.
Gerade dieser Scope ist es jedoch, der uns während oder nach dem Projekt am meisten Schwierigkeiten beschert. Wir haben das Change-Management erfunden, the sophisticated way, an den Konstanten zu schrauben.
Wir sind agil unterwegs, wir brauchen kein Change-Management. Mögt ihr jetzt sagen. Da kann ich euch nur gratulieren. Dennoch müssen die meisten von uns auch agile Projekte irgendwie beziffern, damit wir ein Budget bekommen.
Evan meint, es sollte Schluss damit sein, immer über Kosten zu sprechen. Was wirklich wichtig und interessant ist, ist der Wert, den etwas für uns hat. Diese Frage ist sicherlich relevant, wenn man sich für oder gegen Projekte entscheidet, wird aber danach sofort in die Kosten abstrahiert, so wie auch das eigentliche Ziel, die Vision beiseite gelegt wird und nur noch über den Inhalt des Projektes gesprochen wird. Es werden Projekte ERFOLGREICH abgeschlossen, die schlussendlich nicht zum Ziel führen. Man plant das nächste Projekt diesmal richtig und doppelt so teuer.

World after midnight nennt Eddie Obeng die heutige schnelllebige und komplexe Welt.
Hier der TedTalk dazu:

Intelligentes Scheitern für eine schnellebige Welt.

Sein Statement: die Welt hat sich um Mitternacht verändert und wir haben es verpasst.
Ich denke die Welt ist schon immer komplex. Je weiter wir uns in der IT entwickelt haben, umso schnelllebiger wurde unsere Welt und umso wichtiger wurde die Komplexität auch in IT Projekten. Zudem wussten wir früher schlicht nichts von Komplexität. Erst die Komplexitätstheorien haben uns diese Wahrheit gezeigt.
Weshalb verleugnen wir dieses Wissen? Weshalb halten wir an Artefakten fest, die davon ausgehen, IT Projekte seien planbar?
Evan sagt, der konsequente Schritt sei weg von Projekten. Projekte verkörpern das Böse, sie wurden geschaffen für die Welt vor Mitternacht. Als wir noch dachten, alles sei deterministisch und wir müssten nur genau analysieren um erfolgreich zu planen.
Nach Mitternacht müssen wir neue Wege gehen.
Wir haben heute den Luxus, dass wir einerseits Methoden kennen und andererseits auch die Technik haben laufend zu entwickeln, zu integrieren und zu deployen. Also lasst uns das verwenden, lasst uns Produkte planen, lasst uns Portfolios managen, lasst uns die Zeit und dass Knowhow das für Projektmanagement drauf ging besser und zielführender verwenden.
Wieso fällt es uns so schwer loszulassen?
Eddie sagt es sei das entlernen was dem Menschen solche Mühe bereitet. Über Jahre haben wir Techniken entwickelt um Projekte zu überwachen, um die Kosten im Griff zu behalten, um Budget zu sprechen. All dies plötzlich aufgeben?
Ein Selbstmordkommando?
Eine exzentrische Idee?
Die Erlösung?

Von was würden wir in Zukunft sprechen?

  • einem Continuum?
  • einem Vorhaben?

Was meinst du?


2 Gedanken zu "IT Projekte – ein Relikt aus vergangenen Zeiten?"

Peter Fischer sagt:

Danke für den Artikel! Schon alleine die Erwähnung von Eddie Obeng hat mich begeistert! Ich liebe seine Vorträge und die «Word after midnight» ist auch bei uns (eurosysteam) schon zum geflügelten Wort geworden.
Und das Ende Ihres Artikels ist auch weise gewählt, denn tatsächlich ist in der nötigen Konsequenz dann hauptsächlich ein semantisches Problem.
Wie nennen wir das, was früher ein Projekt war? Continuum ist gut, aber schwer verdaulich, finde ich. Den Begriff «Vorhaben» findet man seit vielen Jahren schon in der EZ (Entwicklungszusammenarbeit). Ist also bewährt.
Soll ich auch noch mal ein paar hilflose Versuche machen?
Alternativen für den Begriff «Projekt»:
Eine Entwicklung? Ein Ziel? Eine Exploration? Ein Experiment?
Uiuiui. Den gestandenen Projekt-Managern müsste man an tröstend zuflüstern: «Ihr müsst jetzt sehr tapfer sein.» 😉

Sebastian sagt:

Die Semantik zu ändern hilft wahrscheinlich dem Bewusstsein, dass wir was Neues tun und neue Regeln brauchen. Wie ja auch Scrum ganz neue Begriffe eingeführt hat und betont, dass diese auch verwendet werden sollen. Sobald wir von Projekten – auch agilen Projekten sprechen, schalten unsere Synapsen auf Projektfinanzierung, auf Projektcontrolling, auf Projektstrukturen und traditionelles Projektmanagement.
Experiment oder auch Exploration finde ich sehr gut. Wäre eine Stufe kleiner als ein Continuum oder auch Ziel, das eher viele Experimente beinhalten würde. Small ist in meinen Augen absolut beautifull! Und die beiden Namen würden schon semantisch definieren, dass wir nur Hypothesen veri- oder eben auch falsifizieren.

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